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Risikomanagement und Kritikalität

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Risikomanagement und Kritikalität

Risikomanagement und Kritikalität

Ein wirksames Risikomanagement verknüpft die systematische Bewertung von Gefährdungen mit der priorisierten Allokation von Ressourcen für Prävention, Wartung, Prüfung und Unterweisung. Kern ist die Herleitung einer Kritikalität, die technische, organisatorische und regulatorische Kriterien integriert und handlungsleitend für Prüf- und Unterweisungsintervalle wirkt. Im Folgenden werden Kritikalitätsklassen A–C, FMEA‑Ansätze und methodische Bewertungsverfahren konsistent zusammengeführt und mit einschlägigen VDI-/VDI/VDE-Leitlinien verankert. Durch klare Schwellen, dokumentierte Entscheidungen und dynamische Anpassung an Evidenz bleibt das Risikoprofil beherrscht und der Stand der Technik nachweisbar erfüllt.

Risikobewertung und Kritikalitätsanalyse im Aufzugsmanagement

Die Kritikalität beschreibt die potenzielle Auswirkungen von Fehlfunktionen auf:

  • Personensicherheit und Gesundheitsschutz

  • Rechtskonformität (z. B. Produktsicherheit, Betriebssicherheit)

  • Verfügbarkeit und Lieferfähigkeit

  • Umweltwirkungen

  • Finanzielle Schäden/Reputationsrisiken

Eine dreistufige Klassifikation erzeugt klare Prioritäten:

  • Klasse A (hoch kritisch): Potenzial für schwere Personenschäden, signifikante Umwelt- oder Compliance-Verstöße, systemrelevante Ausfallfolgen. Maßnahmen: hohe Prüf- und Unterweisungsfrequenz, redundante Schutzkonzepte, Management-Attention.

  • Klasse B (mittel): Moderate Auswirkungen, beherrschbar durch Standard-Schutzmaßnahmen, jedoch mit spürbaren Verfügbarkeits-/Kostenfolgen. Maßnahmen: risikobasierte Prüfintervalle, zielgruppenspezifische Unterweisung.

  • Klasse C (niedrig): Geringe Auswirkungen, lokal begrenzt, ohne gravierende Sicherheits-/Compliance-Risiken. Maßnahmen: vereinfachte Prüfzyklen, Standardunterweisung.

Hinweis

Die Zuweisung erfolgt über eine gewichtete Multikriterienbewertung (z. B. 0–10 Skalen je Kriterium mit unternehmensspezifischer Gewichtung) oder mittels FMEA-Parametern, deren Ergebnis in die Klasse gemappt wird.

Die Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse (FMEA) ist das bevorzugte, interdisziplinäre Verfahren zur Identifikation und Bewertung von Fehlermodi und deren Folgen:

  • Anwendungsvarianten: System-, Design- und Prozess-FMEA; bei überwachungspflichtigen Funktionen FMEA‑MSR (Monitoring and System Response).

  • Kenngrößen: Bedeutung/Schweregrad (S), Auftretenswahrscheinlichkeit (O), Entdeckungswahrscheinlichkeit (D).

  • Aggregation: Risikoprioritätszahl (RPZ = S × O × D) oder Aktionspriorität (AP) nach AIAG & VDA.

Methodische Eckpunkte:

  • Funktionsanalyse: Struktur-/Funktionsbäume und Schnittstellen definieren; Verbindung zu Fehlerbäumen/Bow-Tie für Top-Ereignisse mit hoher Kritikalität.

  • Skalierung und Kalibrierung: Bewerteskalen für S, O, D mit historischen Felddaten, Prüfstatistik und Herstellerwissen hinterlegen; Unsicherheiten transparent machen.

  • Evidenzbasierung: O datengetrieben (z. B. Ausfallraten, Weibull-Analysen), D anhand realer Testabdeckung/Diagnosedeckung (Proof-Test-Abdeckung).

  • Maßnahmenlogik: Präventions- (O↓), Detektions- (D↓) und Schutzmaßnahmen (S↓ durch Risikoreduktion) mit klaren Verantwortlichkeiten, Zielterminen, Wirksamkeitsnachweisen.

  • Review und Update: Zyklische Aktualisierung nach Änderungen, Ereignissen (Beinaheunfällen) und Audits; kontinuierliches Lernen.

Hinweis:

Für sicherheitsgerichtete Funktionen in der Prozess- und Automatisierungstechnik empfiehlt sich die Anlehnung an VDI/VDE 2180 (in Verbindung mit IEC 61511): Risikographen/LOPA zur Anforderung an Sicherheitsintegritätslevel (SIL) und zur Festlegung von Prüfintervallen und Diagnoseraten.

Grundprinzipien:

  • Normative Untergrenzen beachten (z. B. Betriebssicherheitsverordnung, Herstellerhandbuch, branchenspezifische DGUV-Regeln; bei TGA z. B. VDI 3810‑Reihe, bei Hygiene VDI 6022).

  • Risikoanpassung über Kritikalitätsklasse und RPZ/AP.

  • Zustandsbasierte Verlängerung nur bei belastbarer Zustandsdiagnostik und dokumentierter Wirksamkeit.

Beispielhafte Prüfintervallableitung (zu kalibrieren, nicht normativ):

  • Klasse A oder RPZ ≥ 200: Prüfintervall ≤ 3–6 Monate; funktions- und sicherheitsgerichtete Proof-Tests nach SIL‑Anforderungen (VDI/VDE 2180/IEC 61511).

  • Klasse B oder RPZ 120–199: Prüfintervall 6–12 Monate; risikobegründete Stichproben vertiefen.

  • Klasse C oder RPZ < 120: Prüfintervall 12–24 Monate; bei stabiler Datenlage mögliche zustandsorientierte Verlängerung.

Unterweisungsintervalle (unter Beachtung der DGUV‑Mindestvorgaben):

  • Klasse A: halbjährlich bis vierteljährlich, ereignisgetrieben zusätzlich (z. B. nach Störungen/Beinaheunfällen).

  • Klasse B: mindestens jährlich, mit praktischen Übungen/Checks.

  • Klasse C: mindestens jährlich, integriert in Standardunterweisungen.

  • Neue oder geänderte Arbeitsmittel/Verfahren: anlassbezogene Zusatzunterweisung.

Dynamische Steuerung:

  • Trigger für Intervallverkürzung: Häufung von Abweichungen, steigende O‑Schätzungen, negative Trendindikatoren aus Sensorik/Condition Monitoring.

  • Trigger für Verlängerung: Nachweis stabil niedriger O und hoher D über mehrere Zyklen, hohe Wirksamkeit umgesetzter Maßnahmen.

Beispielhafte Bewertungs- und Entscheidungslogik

  • Schritt 1: Objekt/Prozess abgrenzen, Funktionen und Schnittstellen erfassen.

  • Schritt 2: FMEA durchführen, S/O/D kalibriert bewerten, RPZ und/oder AP bestimmen; bei Bedarf Bow‑Tie/LOPA ergänzen.

  • Schritt 3: Kritikalitätsklasse A/B/C zuweisen anhand definierter Schwellen (z. B. A bei S ≥ 9 oder RPZ ≥ 200; B bei RPZ 120–199; C sonst), unter Berücksichtigung regulatorischer Showstopper (Compliance → mindestens B).

  • Schritt 4: Prüfintervalle festlegen: Normative Mindestintervalle als Untergrenze; risikobasierte Anpassung gemäß Klasse; Proof‑Test‑Philosophie bei SIS anwenden.

  • Schritt 5: Unterweisungen planen: Mindestens jährlich; bei Klasse A verdichten; Ereignis- und änderungsgetriebene Zusatzunterweisungen vorsehen.

  • Schritt 6: Wirksamkeitskontrolle: KPI‑Monitoring (z. B. Abweichungsraten, Detektionsquote), Audit, Lessons Learned; Parameter S/O/D datenbasiert aktualisieren.