Notfallmanagement und Kommunikation
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Notfallmanagement bei Aufzugsanlagen
Diese Betriebsanweisung beschreibt die strukturierte Organisation von Notfall- und Kommunikationsprozessen für Aufzugsanlagen. Sie umfasst Rollen, Alarmketten, technische Maßnahmen und Übungen – mit dem Ziel, im Einsatzfall schnell, klar und sicher zu handeln.
Notfallmanagement für Aufzugsanlagen im Betriebsalltag
- Notbefreiungsprozess
- Alarmkette und Fristen
- Brandfallregeln
- Stromausfall
- Extreme Ereignisse
- Feuerwehrschnittstellen
- Kommunikationswege
- Übungen, Schulung und kontinuierliche Verbesserung
Rollen und Verantwortlichkeiten:
Betreiber/Arbeitgeber: Einrichtung, Dokumentation und Überwachung der Notfallorganisation; Bestellung einer beauftragten Person für Aufzugsanlagen; Auswahl und vertragliche Bindung eines qualifizierten Notdienstes; Sicherstellung von Unterweisungen und Übungen.
Beauftragte Person für Aufzugsanlagen: Objektkenntnis, Durchführung/Koordination der Erstmaßnahmen und Unterstützung der Notbefreiung; Schnittstelle zu Notrufzentrale, Instandhaltung und Feuerwehr.
Notrufzentrale (24/7): Annahme der Notrufe, Beruhigungs- und Informationsgespräch, Lokalisierung, Disposition des Notdienstes und ggf. der Feuerwehr; fortlaufende Kommunikation mit Eingeschlossenen.
Qualifizierter Notdienst/Instandhalter: Durchführung der technischen Notbefreiung und Wiederherstellung eines sicheren Zustands; Gefährdungsbeurteilung vor und während der Befreiungsmaßnahmen.
Feuerwehr: Hinzuziehung bei medizinischen Notlagen, Gefahr im Verzug, technischen Besonderheiten oder wenn die standardisierte Notbefreiung nicht sicher durchführbar ist.
Ablauf in Phasen:
Technische Notbefreiung
Alarmierung und Erstkontakt
Auslösung des Notrufs über das Zwei-Wege-Kommunikationssystem in der Kabine; automatische Übermittlung von Standortdaten.
Innerhalb kürzester Zeit Aufbau der Sprachverbindung; Beruhigung, Abfrage von Personenzahl, Gesundheitszustand, besonderen Risiken (Kinder, mobilitätseingeschränkte Personen).
Plausibilitätsprüfung, Aktivierung der Alarmkette und Ereignisprotokollierung.
Disposition und Absicherung
Disposition des Notdienstes; Information der beauftragten Person vor Ort; ggf. Benachrichtigung der Feuerwehr bei Gefährdungsanzeichen (Rauch, medizinischer Notfall).
Sicherung des Gefahrenbereichs: Absperren der Schächte/Etagenbereiche, Hinweisbeschilderung, Vermeidung von Selbstbefreiungsversuchen.
Vor Beginn: Spannungsfreiheit bzw. sichere Betriebszustände prüfen, mechanische Bewegungen kontrollieren, Absturz- und Quetschgefahr ausschließen.
Durchführung nur durch geschultes Personal mit geeigneten Mitteln (z. B. manuelles Absenken/Anheben in Haltestellen-Nähe, Türöffnung mit Spezialwerkzeug nach Freigabe).
Ständige Kommunikation mit Eingeschlossenen; Gesundheitszustand überwachen; Evakuierung nur auf sichere Ebene mit planebenem Ausstieg.
Abbruch und Feuerwehralarmierung, wenn Risiken nicht beherrschbar sind.
Nachbereitung
Medizinische Erstversorgung bei Bedarf; psychologische Erstansprache; Sicherung von personenbezogenen Gegenständen.
Technische Ursachenanalyse, Störungsbehebung, Funktionsprüfung und Rückgabe an den sicheren Betrieb.
Dokumentation: Ereignisbericht mit Zeitstempeln, beteiligten Personen, Maßnahmen, Ursachen, Lessons Learned; Meldung an Betreiber und ggf. Behörden gemäß interner Vorgaben.
Eskalationsstufen:
Stufe 1: Notrufannahme durch Notrufzentrale, Beruhigung, Verifikation, Start der Disposition.
Stufe 2: Notdienst auf Anfahrt, beauftragte Person informiert, Zugang und Schlüsselmanagement organisiert.
Stufe 3: Feuerwehr/Notarzt bei medizinischer Indikation, Rauchentwicklung, technischen Besonderheiten oder ausbleibender Befreiungsmöglichkeit.
Stufe 4: Krisenstab bei Mehrfachereignissen, infrastrukturellen Ausfällen oder Reputationsrisiken.
Zeitziele und Fristen:
Unverzügliche Notrufannahme und Sprachverbindung; fortlaufende Betreuung bis zur Befreiung.
Einleitung der Maßnahmen sofort nach Verifikation; Eintreffen des Notdienstes gemäß vertraglich festgelegter Interventionszeit.
Branchenübliche Zielgröße: Befreiung der eingeschlossenen Personen innerhalb kurzer Zeit; als Planungs- und Qualitätsziel hat sich etabliert, eine Befreiung im Regelfall innerhalb von etwa 30 Minuten nach Notruf sicherzustellen, soweit Lage und Technik dies erlauben.
Eskalation, wenn Zielzeiten absehbar nicht einhaltbar sind.
Regeln für Nutzer:
Aufzüge im Brandfall nicht benutzen; Treppenräume nutzen.
Brand melden (intern/extern), Selbstschutz beachten, gefährdete Personen unterstützen, aber keine Eigengefährdung.
Sammelplätze ansteuern, Anweisungen von Einsatzkräften befolgen.
Technische und organisatorische Maßnahmen:
Ansteuerung der Brandfallsteuerung: Aufzüge fahren automatisch zur Evakuierungsebene, Türen öffnen und bleiben außer Betrieb; Rufannahme gesperrt.
Kopplung mit der Brandmeldeanlage (BMA) einschließlich definierter Brandfallmatrix.
Freihalten von Treppenräumen, Rauchschutz- und Brandabschnitten; Kontrolle der Türen-Schließmechanismen.
Klar erkennbare Beschilderung, Piktogramme und Sprachdurchsagen.
Stromausfall
Technische Vorsorge: Notbeleuchtung in Kabine und Zugängen, batteriegestütztes Zwei-Wege-Notrufsystem, ggf. unterbrechungsfreie Stromversorgung für Kommunikations- und Leitstellenkomponenten.
Operative Maßnahmen: Information der Eingeschlossenen, Vermeidung unkontrollierter Bewegungen; manuelle Notablässe nur durch geschultes Personal; Priorisierung schutzbedürftiger Personen.
Wiederanlauf: Erst nach Sicht- und Funktionsprüfung; protokollierte Inbetriebnahme; Ursachenanalyse bei wiederkehrenden Ausfällen.
Extreme Ereignisse
Naturgefahren (Sturm, Starkregen/Hochwasser, Hitze/Kälte): Präventives Außerbetriebnehmen gefährdeter Anlagen, Schutz von Schächteinstiegen gegen Wassereinbruch, Temperaturüberwachung technischer Räume.
Sicherheitslagen (Bombendrohung, Amok/Terror): Räumung nach behördlicher Anweisung, konsequente Aufzugsabschaltung, Zugangskontrolle, gesicherte Informationskanäle.
Infrastrukturausfälle (Telekommunikation, IT, Energie): Fallback-Kommunikation (Mobilfunk, TETRA, Satellit), manuelle Prozesse, redundante Leitstellen.
Gesundheitslagen (Pandemie): Schutzkonzepte für enge Räume (begrenzte Personenzahl, Maskenempfehlungen), priorisierte Wartung zur Minimierung von Störungen und Rettungseinsätzen.
Krisenorganisation: Aktivierung eines Krisenstabs, Lagebild, Entscheidungs- und Kommunikationslinien, Koordination mit Behörden, Dokumentation und Nachbereitung.
Bauliche und technische Schnittstellen:
Feuerwehrschlüsseldepot (FSD) mit gültiger Schlüsselverwaltung; regelmäßige Funktionsprüfung.
Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) und Feuerwehr-Anzeigetableau (FAT) an definierten Zugängen; hinterlegte Feuerwehrlaufkarten.
Brandmeldeanlage mit aufgeschalteter Leitstelle; abgestimmte Brandfallmatrix inklusive Aufzugssteuerung.
Feuerwehrschlüsselschalter an relevanten Aufzugstableaus; gesicherte Anfahr- und Aufstellflächen.
Organisatorische Schnittstellen:
Übergabeprotokolle bei Eintreffen der Feuerwehr: Ansprechpartner, Objektplan, betroffene Anlagenteile, besondere Gefahren.
Gemeinsame Begehungen und Abstimmungen zu Zugängen, Abschaltungen, Sperrbereichen und Besonderheiten des Objekts.
Nach dem Einsatz: Rückmeldung zu Beobachtungen, Verbesserungspotenziale, Anpassung des AGAP.
Interne Kommunikation:
Leitstelle/Notrufzentrale als Knotenpunkt; klare Rufnummern und Verantwortlichkeiten.
Redundante Kanäle: Festnetz, Mobilfunk, Betriebsfunk; priorisierte Gruppenrufe.
Rollenbasierte Informationsverteilung: Betreiber, beauftragte Person, Haustechnik, Sicherheitsdienst, Management/Krisenstab.
Externe Kommunikation:
Behörden und Einsatzkräfte (112/BOS); Störungsmeldungen an Netzbetreiber/Dienstleister.
Dienstleisterkette (Aufzug, BMA, Gebäudetechnik) mit hinterlegten Bereitschaftslisten.
Öffentlichkeit/Betroffene: Gebäudedurchsagen, digitale Infoboards, E-Mail/SMS-Alerts; sachlich, knapp, handlungsorientiert.
Übungen, Schulung und kontinuierliche Verbesserung
Regelmäßige Unterweisungen für beauftragte Personen und Sicherheitsdienste zu Notbefreiung, Brandfallregeln, Stromausfall- und Kommunikationsprozeduren.
Durchführungen von Übungen: Alarm- und Evakuierungsübungen, technische Notbefreiungssimulationen, Leitstellen- und Kommunikationstests; dokumentierte Ergebnisse und Maßnahmenverfolgung.
Systematische Auswertung realer Ereignisse (After-Action-Reviews), Anpassung von Prozessen, Pflege der Alarmpläne und Kontaktdaten.
Kennzahlenbasierte Steuerung und Audits zur Wirksamkeitskontrolle; Integration in das betriebliche Risiko- und Qualitätsmanagement.
