Mustergefährdungsbeurteilung Aufzug
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Mustergefährdungsbeurteilung Aufzugsanlage
Diese Mustergefährdungsbeurteilung für eine Aufzugsanlage beschreibt die wesentlichen Gefahrenquellen und die entsprechenden Schutzmaßnahmen im technischen und organisatorischen Bereich. Die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften (BetrSichV, TRBS, DIN EN 81, GEG) und die konsequente Umsetzung der beschriebenen Maßnahmen minimieren das Risiko für die Gesundheit und Sicherheit aller Personen, die den Aufzug nutzen oder im Rahmen von Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten damit in Kontakt kommen. Eine regelmäßige Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen und eine laufende Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung sind unabdingbar, um dauerhaft ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten.
Zweck der Gefährdungsbeurteilung
- Zweck
- Beschreibung
- Vorschriften
- Identifizierung
- Festlegung
- Schutzmaßnahmen
- Beurteilung
- Verantwortlichkeiten
- Überprüfung
Zweck der Gefährdungsbeurteilung
Diese Mustergefährdungsbeurteilung dient dazu, alle relevanten Gefährdungen bei Planung, Bau, Betrieb und Instandhaltung einer Aufzugsanlage (Personenaufzug bzw. Personen-/Lastenaufzug) in einem Industrieunternehmen in Deutschland zu erfassen und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen. Dabei werden die gesetzlichen und normativen Anforderungen (insbesondere BetrSichV, TRBS, DIN EN 81, GEG, EN 81-20, EN 81-50 etc.) sowie unternehmensinterne Bestimmungen berücksichtigt.
Geltungsbereich
Die Gefährdungsbeurteilung gilt für sämtliche Personen- und Personen-/Lastenaufzüge, die in Verwaltungsbereichen und ggf. auch an Produktionsnähe in Industrieunternehmen betrieben werden. Sie umfasst sowohl die technischen Aspekte der Aufzugsanlage als auch die organisatorischen Maßnahmen und Verhaltensanweisungen für Betreiber, Beschäftigte sowie Wartungs- und Prüfpersonal.
Anzahl und Art der Aufzüge
Personenaufzüge (ggf. kombiniert für Lastentransport) gemäß Vorgaben des Bauherrn/Betreibers.
Tragfähigkeit und Kabinengröße (b/h) in Anlehnung an max. 3,0 Tonnen (1.500 mm / 3.000 mm), sofern eine kombinierte Personen-/Lastennutzung erfolgt.
Aufstellungsort
Aufzüge befinden sich in Verwaltungsbereichen, ggf. angrenzend an Produktionsbereiche.
Schachtaufbau mehrstöckig (Untergeschosse, Zwischenebenen) zur Personen- und Lastenbeförderung.
Technische Haupteigenschaften
Frequenzgeregelter, getriebeloser Treibscheibenantrieb (Synchronmotor).
Brandfallsteuerung (statisch, teildynamisch oder dynamisch) entsprechend Brandschutzkonzept.
Schachtentrauchungssystem (GEG-Kit) zur Rauchableitung und Be-/Entlüftung des Fahrstuhlschachtes.
Barrierefreiheit gemäß Normen (DIN EN 81-70, ggf. DIN 18040).
Steuerung über Mikrocomputer mit Diagnose- und Notrufeinrichtungen.
Relevante Vorschriften und Normen
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), insbesondere TRBS 3121 (Betrieb von Aufzugsanlagen) und TRBS 1111 (Gefährdungsbeurteilung)
DIN EN 81-Reihe (z. B. EN 81-20, EN 81-50, EN 81-21, EN 81-70, EN 81-73)
Richtlinie 2014/33/EU (Aufzugsrichtlinie), ggf. in Verbindung mit der Maschinenrichtlinie
DGUV Vorschriften/Regeln (z. B. DGUV Regel 100-500 Kapitel 2.8)
Gebäudeenergiegesetz (GEG) bezüglich Entlüftung/Entrauchung
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
Brandschutzkonzept des Unternehmens und geltende Landesbauordnungen
Mechanische Gefährdungen
Einklemmen oder Quetschen zwischen Aufzugstüren und Schachtwänden.
Quetsch- oder Scherstellen an Antriebskomponenten (z. B. Türen, Führungsschienen, Gegengewicht).
Absturz von Personen beim Betreten/Verlassen der Kabine oder bei Wartungsarbeiten (offene Schachtzugänge).
Unkontrollierte Bewegungen des Aufzugs bei Ausfall der Steuerung oder der Bremse.
Elektrische Gefährdungen
Direkter Kontakt mit unter Spannung stehenden Bauteilen (Steuerung, Antrieb).
Fehlerhafte elektrische Installation oder Isolationsfehler.
Ausfall der Notruf- und Beleuchtungseinrichtungen bei Stromausfall, falls keine redundanten Systeme vorhanden sind.
Brand- und Explosionsgefährdungen
Brandgefahr durch technische Defekte im Antrieb oder in der Steuerung.
Entstehung und Ausbreitung von Rauch im Aufzugsschacht.
Unzureichende Entrauchung bei Brandfall, wenn Rauchableitungssystem (GEG-Kit) nicht ordnungsgemäß funktioniert.
Gefährdungen durch mangelnde Ergonomie / Barrierefreiheit
Beschwerliches Ein- und Aussteigen für Personen mit eingeschränkter Mobilität, wenn Kabine oder Türbreiten nicht ausreichend bemessen sind.
Fehlende Handläufe, unzureichende Beleuchtung, unklare Beschriftungen.
Psychische Belastungen
Angst oder Panik bei ungewohnten Aufzugsfahrten, besonders in engen oder schlecht beleuchteten Kabinen.
Stresssituationen bei Notfall- und Evakuierungsvorgängen.
Aufzugsanlage nach DIN EN 81
Verwendung geprüfter und zertifizierter Komponenten, u. a. Türen, Antrieb, Geschwindigkeitsbegrenzer, Sicherheitsbremsen.
Schachtentrauchungssystem (GEG-Kit) mit Rauchansaugsystem, Jalousieklappen und Temperatur-/Zeit-Steuerung zur sicheren Entrauchung.
Kabinenüberwachung durch Lichtvorhang (ab 50 mm bis ca. 1.800 mm Höhe).
Rammschutzleisten in mindestens zwei Höhen bei kombinierter Personen-/Lastennutzung.
Elektrische Sicherheit
Schaltschränke, Steuerungseinheiten und Antriebskammern nach VDE-Vorschriften installieren.
Fehlerstromschutzschalter (RCD) bzw. Leitungsschutzschalter (LS) in der Zuleitung.
Notstromversorgung (Batterie-/USV-System) für Beleuchtung, Notruf und Türöffnung bei Netzausfall.
Periodische Prüfungen der ortsfesten elektrischen Anlagen.
Brand- und Explosionsschutz
Umsetzung des Brandschutzkonzeptes und Installation einer Brandfallsteuerung (evtl. dynamische Brandfallsteuerung).
Rauchmelder innerhalb des Schachtes (RAS-System) und Aufschaltung auf die Brandmeldeanlage (BMA).
Feuerwiderstandsfähige Schachttüren (mind. E 120) nach DIN EN 81-58.
Evakuierungsfunktion (Fahrt in definierte Haltestelle, Türöffnung) bei Brandmeldung.
Kabine und Zugänge
Barrierefreie Ausgestaltung (DIN EN 81-70) mit Handläufen, ausreichend Türbreiten und einer rutschfesten Bodenausführung.
Schachttüren mit kontrolliertem Türantrieb (kein Spindel-/Kurbelantrieb).
Haltestellen-Tableaus mit gut erkennbaren und tastbaren Bedienelementen (taktil, akustisch).
Sicherer Wartungsbereich
Ausreichende Schachtbeleuchtung (DIN EN 81) und Schachtgrubenleiter.
Abschließbare Revisions- und Wartungstafeln (Hauptschalter, Notbetätigung der Bremse).
Doppelsteckdose in der Schachtgrube für Arbeitsgeräte der Wartungsfirma.
Montagegerüst (falls erforderlich) für sichere Installation und Reparaturarbeiten.
Betriebsanweisung
Erstellen von Betriebsanweisungen für die Aufzugsnutzung (Personen, Lasten) und Wartungsarbeiten.
Aushang von Hinweisschildern („Aufzug im Brandfall nicht benutzen“) in deutscher und englischer Sprache.
Festlegen von Verantwortlichkeiten für Betrieb, Kontrolle und Prüfungen.
Einweisung und Schulung
Regelmäßige Unterweisung der Beschäftigten, vor allem des Wartungs- und Rettungspersonals.
Vermitteln von Verhalten bei Störungen, Notrufen und Brandfällen (Evakuierungsablauf).
Spezielle Schulungen für Reinigungskräfte, die im Aufzugsschacht (z. B. in der Schachtgrube) arbeiten.
Zugriffsbeschränkungen
Nutzungsbegrenzung für bestimmte Lasten (z. B. keine Chemikalien, größere Maschinenkomponenten) ohne Prüf- und Genehmigungsverfahren.
Nur autorisiertes Fachpersonal darf Wartung und Reparatur durchführen.
Schlüsselschalter oder Kartenlesegeräte für besondere Betriebsarten (Feuerwehr, Servicefahrten).
Instandhaltung und Prüfung
Festlegung regelmäßiger Prüf- und Wartungsintervalle (z. B. Haupt- und Zwischenprüfungen nach BetrSichV und DIN EN 81).
Führen eines Prüfbuches/Anlagendossiers (Dokumentation von Wartungsarbeiten, Prüfungen, Störungsbehebungen).
Regelmäßige Überprüfung der Notrufeinrichtung und Sprechverbindungen.
Notfallmanagement
Durchführung von Notfallübungen (Personenbefreiung aus dem Aufzug, Brandfall) in Abstimmung mit Sicherheits- und Brandschutzbeauftragten.
Definition von Sammelstellen und Evakuierungswegen im Brandfall.
Sicherstellung ständiger Erreichbarkeit der Notrufzentrale bzw. des zuständigen Sicherheitsdienstes.
Beurteilung des Restrisikos
Durch die oben genannten technischen und organisatorischen Maßnahmen wird das Gefährdungspotenzial bei ordnungsgemäßer Benutzung und Wartung der Aufzugsanlage erheblich reduziert.
Restrisiken im Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz
Menschliches Fehlverhalten (z. B. Missbrauch der Notrufeinrichtung, überhöhte Lastaufnahme, Blockieren von Türen).
Technische Defekte (Ausfall sicherheitsrelevanter Komponenten, Steuerung, Bremse) trotz regelmäßiger Wartung nie vollständig auszuschließen.
Versagen externer Faktoren (z. B. Stromausfall, Naturgewalten), bei denen die vorgesehenen Notfallkonzepte greifen müssen.
Arbeitgeber / Betreiber
Übergeordnete Verantwortung für die Sicherheit der Aufzugsanlage.
Sicherstellung von Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisungen, Unterweisungen und Prüfungen.
Fachkundige Personen / Aufzugswart
Durchführung und Koordination von Wartung, Instandhaltung und Prüfungen.
Dokumentation aller Arbeiten im Prüfbuch.
Meldung von Mängeln und Störungen an den Betreiber.
Überprüfung und Aktualisierung
Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig (mindestens einmal jährlich) sowie bei wesentlichen Veränderungen (Umbau, Nutzungsänderungen, neue gesetzliche Vorschriften) zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen.
Ergebnisse der Prüfungen werden dokumentiert und sicher aufbewahrt.
Alle Änderungen an der Aufzugsanlage oder dem Gebäude, die die Sicherheit beeinflussen, sind sofort in die Gefährdungsbeurteilung einzupflegen.